Carlo Schmid erfüllte sich einen Kindheitstraum, als er in einer Cessna 210 die Welt umrundete. Heute hilft er ambitionierten jungen Menschen bei der Realisierung von innovativen Ideen.
Carlo, fünf Jahre ist es her, seit du in einer Cessna im Alleingang die Welt umrundet hast. Was ist zwischenzeitlich passiert?
Nach meiner Rückkehr in die Schweiz habe ich ein berufsbegleitendes Wirtschaftsstudium und die CPL-Ausbildung in Angriff genommen. Im Rahmen der Stiftung „Live Your Dream Foundation“ unterstütze ich Jugendliche und junge Erwachsene bei der Verwirklichung ihres Traumprojekts. Außerdem arbeite ich mit Joël Outry an der Flugzeugsharing-Plattform Simplifly. Meine treue Weggefährtin, die Cessna 210, wurde inzwischen verkauft, und die 50 000 Franken, die mein Team und ich durch die Weltumrundung sammeln konnten, kommen heute indischen Mädchen zugute. Obwohl das „Round the World for Children“-Projekt nun schon fünf Jahre her ist, sind die Eindrücke noch immer sehr präsent.
136 Stunden warst du in der Luft und hast dabei vier Kontinente überflogen. Wie hat dich dieses Abenteuer als Pilot geprägt?
Die Weltumrundung war aus fliegerischer Sicht eine große Herausforderung: Ich erlebte widrige Bedingungen in der Luft und konnte dadurch die Grenzen des Machbaren ausloten. Ich denke, dass mich dieser Erfahrungsschatz zu einem sichereren Piloten macht.
Die Erlebnisse sind nicht nur in deinem Flugbuch dokumentiert, sondern erscheinen demnächst auch in Form eines Reisetagebuchs. Wann ist es so weit?
Das Verfassen des Manuskripts hat länger gedauert als ursprünglich angenommen. Im Buch schildern mein Team und ich die unterschiedlichen Phasen der Weltumrundung und ergänzen sie durch Passagen von Jules Verne, der uns mit seiner Erzählung „Reise um die Erde in 80 Tagen“ zu dieser Unternehmung inspiriert hat. Aber zurück zur Frage: Das Buch wird noch dieses Jahr veröffentlicht.
Und wer inspiriert dich heute?
Meine Eltern sowie das enorme Engagement von den jungen willensstarken Menschen, die wir mit unserer Stiftung unterstützen.
Ist die Leidenschaft fürs Fliegen familiär bedingt?
Mein Vater und ich haben es geliebt, die landenden Airliner in Kloten zu beobachten. Später nahm er mich mit auf den Segelflugplatz. Nach meinem ersten Passagierflug konnte ich es dann kaum erwarten, selbst mit dem Fliegen anzufangen.
2015 hast du die „Live Your Dream Foundation“ ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?
Das „Round the World for Children“-Projekt konnte ich nur dank des freiwilligen Engagements eines zwölfköpfigen Teams und vielen Helfern umsetzen. Sie alle haben mir bei der Sponsorakquisition, beim RTW-Song und den Events unter die Arme gegriffen. Diese großzügige Unterstützung möchte ich gerne auch anderen zuteil werden lassen. Daher habe ich zusammen mit der Skirennfahrerin Dominique Gisin, dem GT3-Rennpilot Lorenz Frey, dem Juristen Dr. Urs Lustenberger und der Kommunikationsfachfrau Marianne Egli die Stiftung gegründet. Unter dem Motto „Wir hatten Glück und geben es weiter“ stehen wir den jungen Erwachsenen mit Rat und Tat zur Seite. Mittlerweile erhalten wir pro Woche ein bis zwei Anfragen. Unser Ziel ist es, dass jährlich mindestens zwei Vorhaben realisiert werden können.
Eine tolle Sache! Gibt es ein Projekt, das dir besonders gefällt?
Grundsätzlich fördern wir Ideen, die einen innovativen, nachhaltigen oder inspirierenden Charakter haben – der thematische Rahmen ist dabei zweitrangig. Aufgrund meines Hintergrunds liegen mir insbesondere die aviatischen Projekte am Herzen. Momentan betreue ich den Kunstflieger Nicolas Ehrminger bei seiner „Mission Inverted“. Dabei möchte er mit einer Zivko Edge 540 auf 35 000 Fuß steigen und in mehr als 100 Umdrehungen in Richtung Erdboden trudeln, um damit neue wissenschaftliche Daten im Bereich Safety and Risk Management sowie Human Performance zu liefern, und um einen neuen Welt-rekord aufzustellen.
Was sind deine persönlichen Ziele für die nächsten Jahre?
Priorität hat in erster Linie mein Studium, das ich erfolgreich abschließen möchte. Außerdem möchte ich offene Projekte wie etwa die „Live Your Dream Foundation“ oder Simplifly weiter vorantreiben.
Wie weit ist Simplifly denn schon fortgeschritten?
Die Idee zu solch einer Flugzeug-sharing-Plattform habe ich bereits vor einigen Jahren gehabt. Nach einiger Recherchearbeit bin ich auf OpenAirplane gestoßen, ein Konzept, wie ich es auch in der Schweiz einführen wollte. Piloten sollen die Möglichkeit erhalten, vereinsunabhängig Flugzeuge zu chartern, und Vereine wie Flugschulen profitieren von einer besseren Auslastung ihrer Flugzeuge. Um die Sicherheit zu gewährleisten, verlangen wir von den Piloten einen jährlichen Checkride. Zurzeit befindet sich Simplifly aber noch in den Kinderschuhen.
Kommt die Idee bei den Piloten und Vereinen an?
Inzwischen haben wir einige interessierte Vereine und Flugschulen sowie rund 50 registrierte Piloten. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv; insofern bin ich zuversichtlich, was die Zukunft von Simplifly anbelangt.
Bei so vielen Projekten bleibt wohl kaum Zeit für anderes. Was machst du, wenn sich deine Gedanken mal nicht um die Luftfahrt drehen?
Ich genieße es in der Tat, wenn ich zwischendurch mal eine ruhige Stunde habe. Dann unternehme ich etwas mit meiner Freundin oder treffe meine Freunde.
Das Interview führte Tashi Dolma Hinz
aerokurier Ausgabe 06/2017
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